Tirolensien ›› TirolerInnen im Fokus ›› Leopold Gheri (1866-1952)

„Wilde Welt“ im Werk von Leopold Gheri

Zum 70. Geburtstag des gebürtigen Innsbruckers Leopold Gheri (1866 – 1952) finden sich einige Artikel zu dem als „Reiseschriftsteller“ und „Malerpoet“ bezeichneten Autor in den Tiroler Zeitungen. So fasst die Innsbrucker Zeitung am 3. Juli 1936 zusammen, was den Tiroler Schriftsteller vor allem auszeichnete: „Sein Lieblingsfach wurde aber die Betätigung auf dem Gebiete des besonders von der Jugend alter und neuer Zeit sehr begehrten Reise- und Abenteuerromans, wo ihm durch die erstaunlichen Erfolge der Karl-May-Romane und durch seine eigene phantasievolle, auch wie Karl May Landschaft und Leute eingehend und spannend schildernde Schreibweise der Weg in die Zeitschriften und den Buchvertrieb des In- und Auslandes, auch in fremdsprachigen Ländern für die Übersetzungen seiner Werke gebahnt wurde.“

In einem weiteren Artikel zu Gheris 70. Geburtstag betont Hans Lederer in der Neuesten Zeitung vom 1. Juli 1936, dass Gheri vor allem auch im Deutschen Reich Zuspruch als Schriftsteller erfuhr. Zugleich werden die Stationen seiner weitreichenden Reisen und die oft damit verknüpften Werke aufgezählt. Man merkt dem Artikel in der Neuesten Zeitung und auch den Titeln von Gheris Werken den wenig hinterfragten kolonialen Gedanken der „wilden Menschen“ bzw. der unbekannten „wilden Welt“ deutlich an. Zugleich dürfte die Exotik der Reiseziele und der gewählten Themen eine Anziehung auf die damalige Leserschaft gehabt haben: „Als Teilnehmer an Forschungsreisen oder selbständig kam Gheri weit in der Welt herum. Er durchquerte die Sahara („In fernen Zonen", 1924, „Erlebnisse in der Sahara", 1928), bereiste den Sudan und Aegypten („Die rächende Nemesis", 1906), durchforschte auf dem italienischen Schiffe „Beata" das Rote Meer und den Indischen Ozean („An Arabiens Gestaden", 1907), bestand in den südamerikanischen Urwäldern und Bergwildnissen aufregende Abenteuer mit wilden Tieren und oft noch wilderen Menschen, wobei sein Leben oft nur mehr an einem Haare hing, durchzog die schaurigen Oeden von Arizona und der Sonora und überstieg auf einer Reise von Bolivien nach Peru die Kordilleren („Wilde Welt", 1907, „Unter Dämonen", 1910, „Stierkampf in Brasilien," 1924, „Indianerwache", 1924, „Urwaldzauber und Urwaldschrecken", 1925, „Durch pfadlose Wildnis", 1925, „Der schwarze Jaguar", 1928).“

Auch als Mitarbeiter zahlreicher Tiroler Blätter war Leopold Gheri tätig. 1908 bis 1909 übernahm er die Leitung der Gardaseepost und verfasste hier redaktionelle Artikel zu heimatbezogenen Themen. Außerdem wirkte er in den Zeitschriften Burggräfler, Immergrün, Epheuranken, Raphael, Sonntagsglocken, Jugendpost sowie in den Tiroler Heimatblättern mit. So wurden seine Romane ganz in der Tradition der 1920er und 1930er Jahre in Fortsetzungen u. a. im Haller Lokal-Anzeiger oder im Schwazer Lokal-Anzeiger veröffentlicht.

Den Stil und die inhaltliche Ausrichtung der literarischen Werke Leopold Gheris beschreibt Hans Lederer im Artikel zum 70. Geburtstag in kaum verborgener Bewunderung: „Was Gheri erlebt und mit hellen Augen gesehen hat, breitet er, unterstützt von einer überaus üppigen Phantasie, anschaulich und lebendig vor dem Leser aus. Er weiß mit Frische und Lebendigkeit zu erzählen, mit Gemütswärme und einem sonnigen Humor, der ihn auch in den schwersten Lagen nicht verläßt, durch einen geschickten Aufbau der Handlung gelingt es ihm mühelos, den Leser in Spannung zu halten und durch lebensnahe Darstellung in seinen Bann zu ziehen. Eine besondere Stärke seiner Erzählungskunst ist die Naturschilderung. Da kommt der Maler zu Wort, der die Wunder der Schöpfung, die eigenartige Schönheit fremder Länder und Völker, die bunte Pflanzen- und Tierwelt mit außerordentlicher Naturtreue zu zeichnen versteht.“