Die Dissertation untersucht die Grundlagen, Entwicklungen und aktuellen Herausforderungen des Südtiroler Minderheitenschutzsystems aus völker- und verfassungsrechtlicher Sicht.
Zunächst werden die Grundlagen und Entwicklungen dieses Systems vom Abschluss des österreichisch-italienischen Pariser Vertrags 1946 bis zur Beilegung des Streits über seine Durchführung 1992 analysiert. Dabei kann unter anderem aufgezeigt werden, dass das Schutzniveau von 1992 völkerrechtlich als von Italien einzuhaltender Standard verankert ist, weshalb gerade der dieser völkerrechtlichen Verankerung zugrundeliegende Notenwechsel anlässlich der Streitbeilegung ein Meilenstein für den völkerrechtichen Schutz war.
Darauf aufbauend werden wesentliche Entwicklungen seit 1992 untersucht, die meist im innerstaatlichen (Verfassungs-)Recht ihren Ausgang nahmen. Hier sind Erweiterungen, als neutral zu bewertende Änderungen, häufig aber auch Einschränkungen des Schutzstandards von 1992 feststellbar. Da Einschränkungen dieses Schutzstandards aber völkerrechtswidrig sind, werden die negativen Entwicklungen, die fast immer eine Folge der Verfassungsreform von 2001 waren, im Detail analysiert. Zudem kann gezeigt werden, dass das Völkerrecht für Südtirol immer noch von ungebrochener Relevanz ist, wie auch zwei Briefwechsel aus den Jahren 2014/2015 sowie 2017 beweisen. Zuletzt wird erstmals der Frage nachgegangen, ob die Südtiroler Volkspartei (SVP) nach 1992 - trotz Stimmenverlusten - weiterhin befugt ist, die deutsch- und ladinischsprachigen Minderheiten Südtirols im Völkerrecht allein zu vertreten. Auch alternative Vertretungsmodelle werden aufgezeigt.
Zuletzt analysiert die Arbeit in ihrem verfassungsrechtlichen Kernstück und aufbauend auf den (völker-)rechtlichen Mitteln zur Überwachung und Durchsetzung des Schutzstandards von 1992, welche Änderungen des Autonomiestatuts und/oder der Durchführungsbestimmungen zum Statut erforderlich sind, um die zuvor festgestellten Einschränkungen der Autonomie rückgängig zu machen (Wiederherstellung des Schutzniveaus von 1992). Es werden Vor- und Nachteile verschiedener Wiederherstellungsvarianten diskutiert und konkrete Vorschläge zu einzelnen (Kompetenz-)Bereichen gemacht.