Giordano Brunos Zitat „Se non è vero, e molto ben trovato“ charakterisiert das Wesen der Künstleroper schlechthin. Im Fokus dieser Untersuchung stehen historische bildnerische Künstler als dramatis personae auf der Opernbühne. In der Auseinandersetzung um das biografische Erzählen im Musiktheater werden die zentralen Motive bei der Auswahl von bühnenwirksamen Protagonisten einerseits wie interdisziplinäre Bezüge und Varianten der medialen Übertragung andererseits thematisiert.
Mit der Untersuchung und Interpretation des Hintergrundes von fünf Referenzopern (Zeitraum 1838 bis 2011) aus unterschiedlichen geografischen Räumen werden anhand signifikanter Modelle die Konstanten wie die Vielgestaltigkeit des hier rele-vanten Operntyps nach musikwissenschaftlichen, kunsthistorischen und literarischen Gesichtspunkten aufgezeigt. Die durchwegs vordergründig in Szene gesetzte Problematik der Künstlerexistenz reflektiert ästhetische wie gesellschaftliche Tendenzen, eine Überschreitung der Kunstgrenzen im Sinne einer musikalischen Bezugnahme auf das Spannungsverhältnis von Leben und Werk gelingt allerdings nur in Ausnahmefällen.
Ein alphabetisches wie ein chronologisch angelegtes Verzeichnis von 85 „veroperten“ historischen Figuren in über zweihundert Künstleropern gibt anhand von entsprechenden Metadaten Einblick in die Bandbreite und Entwicklung dieses Operntyps.
Es ist die narrative wie musikalische Bezugnahme auf real existente Kunstwerke, welche die hier behandelte Künstleroper vom rein fiktiven Gegenpart unterscheidet. Da jedoch das hier verarbeitete Künstlertum meist an den berühmten Namen und weniger an das Wesen bzw. das Werk gebunden ist, wird die Bedeutung dieses in den letzten fünfzig Jahren aufblühenden Genres auch kritisch gesehen. Die offensichtliche Beliebtheit historischer Künstleropern resultiert bei den Urhebern nicht nur aus ihrem Identifikationspotential oder einer Glorifizierung von Kunst und Künstlertum, sondern rekurriert auf eine allgemeine Sehnsucht nach Biografie in einer weithin anonymen Gesellschaft.