Diese Dissertation hat sich der theoretischen und numerischen Analyse der Rand- und Abschälschichtdynamik von Tokamakfusionsplasmen verschrieben. Hierzu formulieren wir zuerst neuartige full-F Gyrofluid-Modelle in koordinatenfreier Form, welche Masse, Impuls und Energie erhalten. Diese zwei- und dreidimensionalen Modelle zeichnen sich durch ihre konsistente Beschreibung von hohen Fluktuationsamplituden wie auch dynamischen finiten Larmorradius (FLR) Effekten aus.
Realistische Tokamakmagnetfelder stellen stringente Anforderungen an die Wahl eines geeigneten Koordinatensystems und einer akuraten numerischen Diskretisierung, da hier singuläre Punkte auftauchen. Wir besprechen eingehend die Schwierigkeiten verschiedener magnetfeldlinenausgerichteter und nicht magnetfeldlinienausgerichteter Koordinatensysteme und verwenden einen flusskoordinatenunabhängigen Ansatz in zylindrischen Koordinaten für unser dreidimensionales Modell.
Zu diesem Zweck adaptieren wir diese Herangehensweise für die diskontinuierliche Galerkin (dG)-Methode und formulieren im Zuge dessen mehrere dG Schemen für die Dynamik parallel zu einem Vektorfeld. Diese Diskretisierungen werden anhand der anisotropen Wärmeleitungsgleichung in einem sehr allgemeinen Magnetfeld numerisch analysiert. Unsere umfassenden numerischen Tests zeigen, dass die parallel ausgerichteten Schemen für Flute-Moden vorteilhaft sind. In diesem Fall weisen sie signifikant weniger numerische senkrechte Wärmeflüsse als die nicht-parallel ausgerichteten Diskretisierungen auf.
Diese numerischen Methoden werden zusammen mit den Gyrofluid-Modellen der numerischen Bibliothek FELTOR hinzugefügt, derer wir uns für numerische Berechnungen bedienen. In unserer ersten numerischen Studie machen wir uns ein zweidimensionales thermisches Modell in einer einfachen geraden Magnetfeldgeometrie zu Nutze. Dies erlaubt uns den Einfluss von Temperaturdynamik und dynamischen FLR Effekten auf die Austauschbewegung von Blobs in der Abschälschicht zu diskutieren. Mit Hilfe eines ausgedehnten Parameterscans machen wir einen Übergang zwischen zwei Blobregimen sichtbar, wenn wir die FLR Stärke variieren, welche das Verhältnis der ExB zur ionendiamagnetischen Wirbelstärke beschreibt. Im schwachen FLR Effektregime beobachten wir radial propagierende pilzartige Blobstrukturen, welche schnell ihre Masse verlieren. Im Gegensatz dazu tauchen kompakte Blobstrukturen im starken FLR Effektregime auf, welche viel besser ihre Masse Über ihre Lebenszeit beibehalten und sich radial und poloidal bewegen. In beiden Regimen folgen die maximalen radialen Blobgeschwindigkeiten dem inertialen Geschwindigkeitsskalierungsgesetz. Die Zeitspanne bis zu diesem Maximum stimmt exzellent mit der globalen Austauschrate überein. Wir zeigen auch, dass die poloidale Bewegung mit einer alternativen Anfangsbedingung unterdrückt wird und dass positive Ionentemperaturschwankungen zu kompakteren Blobstrukturen beitragen.
In unserer zweiten numerischen Studie sind wir in der Lage Driftwellen- und zonale Strömungsdynamik mit Hilfe des zweidimensionalen gewöhnlichen und modifizierten Hasegawa-Wakatani-Modelles zu reproduzieren. Wir zeigen anhand numerischer Simulationen, dass im modifizierten Hasegawa-Wakatani Modell die Vernachlässigung von nichtlinearer Polarisation zu signifikant höheren radialen Partikeltransport führen kann.
Im nächsten Schritt fügen wir dem letzteren Modell noch Abschälschichtphysik hinzu, um das Zusammenspiel zwischen Driftwellen, zonalen Strömungen und Austauschdynamik um die Separatrix herum zu erforschen. Unsere Simulationen zeigen dass Blobs um die Separatrix herum entstehen und vor allem radial nach außen katapultiert werden. Deren Fluktuationsamplitude und die Kompaktheit steigt mit der Ionenhintergrundtemperatur, wobei Ionenhintergrundtemperatur auch die Stärke der Randtransportbarriere bestimmt.
Im letzten Teil studieren wir den Ausstoß von Austauschmoden in realistischer dreidimensionaler Magnetfeldgeometrie. Wir zeigen das typische Aufblähen der Austauschmode und die Entstehung von zonalen Strömungen und parallel ausgerichteten Filamenten. Erneut sind wir in der Lage Ionenhintergrundtemperaturffekte auszumachen, welche zur Stabilisierung des Ausstoßes führen können.