Die anaerobe Vergärung ist ein komplexer biologischer Prozess, bei dem unterschiedliche organische Abfälle abgebaut und für die Biogasproduktion verwendet werden können. Verschiedene Mikroorganismen, die an diesem Prozess beteiligt sind (v.a. Bakterien und Archaeen), spielen eine wichtige Rolle im Abbau von verschiedenen Substraten, wie z.B. Maisstroh. Aufgrund der komplexen Struktur lignocellulosehaltiger Biomasse (LZB), sind Vorbehandlungen notwendig. Demgegenüber stellt das natürliche Rumenhabitat bereits ein perfekt angepasstes, effektives System für den Abbau von LZB dar und enthält verschiedenste Mikroorganismen (Bakterien, Archaeen, anaerobe Pilze und Protisten), Enzyme und Nährstoffe. Bisher wurde Rumenflüssigkeit eher als Abfall betrachtet, könnte aber als Zusatzstoff, idealerweise zusammen mit Rindergülle in Biogasreaktoren mit hohem LZB-Gehalt verwendet werden.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die positive Wirkung des Zusatzes von Rumenflüssigkeit auf die Biogasproduktion und den Abbau von LZB zu untersuchen und festzustellen, ob dieser Effekt durch die Etablierung einer aus dem Rumen stammenden Mikrobiota, oder durch die bereits in der Rumenflüssigkeit vorhanden Enzyme hervorgerufen wird.
Hierfür wurden Biogasreaktoren im Batch-Betrieb mit Maisstroh (16 g Maisstroh L-1) versetzt und über 31 Tage bei 37 Grad Celsius nach VDI 4630 Norm einem Biogaspotentialtest unterzogen. Bei den untersuchten Behandlungen handelte es sich um Rindergülle (M), Rumenflüssigkeit (R), und zwei Mischungen aus Rindergülle und Rumenflüssigkeit im Verhältnis 80%/20% (R20) und 60%/40% (R40). Die Abundanz und Diversität der mikrobiellen Gemeinschaft, wurde im zeitlichen Verlauf mit molekularen Methoden (real-time PCR, DGGE) überwacht.
Physikochemische Parameter und die Biogaspotenzial Analyse zeigten, dass die Zugabe von Rumenflüssigkeit zu erhöhter Biogasproduktion (+18.3% in R20 und +30.0% in R40, im Vergleich zu M) und gesteigertem LZB-Abbau führt. Die Anzahl der Bakterien und Methanogenen nahm vor allem in den ersten zwei Wochen, besonders in den beiden Mischungen (R20 und R40) zu. Anaerobe Pilze erreichten ihre höchste Abundanz in Biogasreaktoren mit hohem Zusatz von Rumenflüssigkeit (R, R40), aber nur für einen begrenzten Zeitraum. Die Anwesenheit von Protisten hatte keinen direkten Einfluss auf die Biogasproduktion oder den Abbau von LZB, aber einen negativer Effekt auf andere mikrobielle Gemeinschaften. Die Ergebnisse der DGGE zeigten, dass die Diversität innerhalb der bakteriellen Gemeinschaft deutlich höher als in der Methanogenen-Population war. Außerdem war deutlich zu sehen, dass die Rumenflüssigkeit und Rindergülle zwei verschiedene mikrobielle Gemeinschaften vorwiesen. Ein paar spezifische Banden in der Versuchslinie R (cDNA) konnten ebenso in R20 und R40 detektiert werden und bestätigten, dass diese augmentierten Mikroorganismen aktiv im Abbauprozess involviert waren, wenn auch nur für kurze Zeit.
Vier anaerobe Pilzkulturen konnten aus frischen Rumen isoliert und identifiziert werden. Aufgrund des filamentösen Rhizoids, polyzentrischer Thalli, ovaler Sporangien und einer LSU-Sequenzanalyse konnten alle Kulturen der Gattung Orpinomyces sp. zugeordnet werden.
Zusammenfassend kann die Zugabe von Rumenflüssigkeit als vielversprechende Strategie für eine verbesserte Biogasproduktion und erhöhten Abbau von LZB angesehen werden. Die Etablierung der aus den Rumen stammenden Mikrobiota war erfolgreich, aber kurzfristig, was vor allem auf den Batch-Ansatz zurückgeführt werden kann. Ein profunderes Verständnis über die Aktivität und das Wachstum der beteiligten Mikroorganismen in diesem System ist erforderlich, idealerweise sollten zukünftige Experimente im kontinuierlichen Modus durchgeführt werden.